Martin Janczek | Aktuelles aus Kunst und Fotografie

Mit den Aktu­ell-Bei­trä­gen bie­tet der Broad­pic Eigen­ver­lag eine Platt­form, auf der in Zukunft Lese­stoff und Fotos rund um die The­men Kunst und Foto­gra­fie ver­öf­fent­licht wer­den. Einen Schwer­punkt der Ver­öf­fent­li­chun­gen wer­den eige­ne gedank­li­che Ansät­ze aus den Berei­chen Doku­men­tar­fo­to­gra­fie, zeit­ge­nös­si­sche Kunst, Archi­tek­tur und Gesell­schaft bil­den. Außer­dem sind Rück­bli­cke auf Aus­stel­lun­gen und Infor­ma­tio­nen über künf­ti­ge, künst­le­ri­sche Vor­ha­ben im und außer­halb des Ruhr­ge­biets vor­ge­se­hen. Wir freu­en uns über Ihr Inter­es­se und wün­sche Ihnen ein infor­ma­ti­ves Ver­wei­len auf Broad­pic | Aktu­ell – Foto­gra­fie und Kunst Eigenverlag.

Aktuell

Das foto­gra­fi­sche Langzeitprojekt

Kundgebung Thyssenkrupp- Konzernzentrale in Essen, 23.05.2024

Das Ruhrgebiet im Spiegel der Zeit (Kohlestaub) | Landschaft, Industrie und Gesellschaft im Wandel

Was wird in einem kom­ple­xen und glo­bal ver­strick­ten Ruhr­ge­biet bestehen? Jeder Ver­such einer Zukunfts­pro­gno­se erscheint in Anbe­tracht der mul­ti­plen Ein­fluss­fak­to­ren unmöglich.

Zuneh­men­de Auto­ma­ti­sie­rung am Arbeits­platz, Digi­ta­li­sie­rung, die Ent­wick­lung künst­li­cher Intel­li­genz ver­än­dern das Bewusst­sein für Arbeit und ihren rela­ti­ven gesell­schaft­li­chen Stel­len­wert. Kür­zun­gen der Wochen­ar­beits­zeit haben den öffent­li­chen Dis­kurs erreicht, wäh­rend die Bevöl­ke­rung die viel­sei­ti­gen Mög­lich­kei­ten der Frei­zeit aus­lo­tet – eine Gesell­schaft im Wan­del. Was einst mit Schweiß und Fleiß erbaut wur­de, ver­än­dert sich oder fin­det ein Ende. För­der­tür­me wer­den zurück­ge­baut, Schäch­te ver­füllt, gigan­ti­sche Kühl­tür­me fal­len inner­halb weni­ger Sekun­den, Koh­le­kraft­wer­ke wer­den umge­rüs­tet. Das Ruhr­ge­biet ver­än­dert in rasan­ter Geschwin­dig­keit sein Gesicht und bleibt somit sei­ner tur­bu­len­ten und leb­haf­ten Geschich­te treu.

The­ma der Arbeit ist die Ver­än­de­rung als per­ma­nen­ter Zustand einer sich dau­er­haft wan­deln­den Gesell­schaft. Im Mit­tel­punkt steht ein Bild­kon­strukt, das auf den Begriff der Ver­gäng­lich­keit auf­baut, in dem vier Aspek­te der Trans­for­ma­ti­on inein­an­der grei­fen: Der Erhalt, der Umbau, der Abbau und der Auf­bau. Das Ruhr­ge­biet im Spie­gel der Zeit (Koh­le­staub) ist ein Pro­jekt, das sich den struk­tu­rel­len Ver­än­de­run­gen einer Indus­trie­re­gi­on wid­met. In Anbe­tracht kom­men Land­schaf­ten, indus­tri­el­le Land­mar­ken als auch gesamt­ge­sell­schaft­li­che Aspek­te. Die statt­fin­den­den Ent­wick­lungs­pro­zes­se wer­den anhand der Foto­gra­fie zum Vor­schein gebracht. Das The­ma wird durch eine kla­re Bild­spra­che und sti­lis­ti­sche Strin­genz gebündelt.

Das Ziel ist es, die im Ruhr­ge­biet statt­fin­den­den Ent­wick­lun­gen anhand der Foto­gra­fie sicht­bar zu machen und zu bewah­ren. Inner­halb von drei Jah­ren wird eine umfang­rei­che foto­gra­fi­sche Publi­ka­ti­on kon­stru­iert. Das Werk darf als Memo­ri­al an eine sich rasant ver­än­dern­de Regi­on begrif­fen wer­den. Beab­sich­tigt sind Auf­nah­men in foto­chro­no­gra­fi­schen Seg­men­ten, Lang­zeit­be­ob­ach­tun­gen sowie die Auf­ar­bei­tung und Anknüp­fung an bereits ent­stan­de­ne Sze­nen aus den Berei­chen Gesell­schaft, Kul­tur und Reli­gi­on, in wel­chen der Foto­graf refle­xiv die Ent­wick­lun­gen des letz­ten Jahr­zehnts fest­hält. Um die Arbeits­be­din­gun­gen des Lang­zeit­pro­jek­tes zu begüns­ti­gen wer­den Unter­stüt­zer des Pro­jek­tes gesucht.

Als Medi­um ist eine all­ge­mein frei­zu­gäng­li­che und kos­ten­lo­se Online­prä­sen­ta­ti­on vor­ge­se­hen, die sowohl als Plat­form für die künst­le­ri­sche Foto­gra­fie als auch als Gedächt­nis einer Zeit im Umbruch dient. Das Pro­jekt wird mit einem Emp­fang und einer Aus­stel­lung aus­ge­wähl­ter Expo­na­te been­det. Die Arbeit wird Vor­aus­sicht­lich im Jahr 2026/27 been­det und die Ergeb­nis­se im vol­len Umfang im einem durch den Künst­ler selbst gestal­te­tem Bild­ka­ta­log verewigt.

Foto: Nur gemein­sam Stark | Thys­sen­krupp- Kon­zern­zen­tra­le in Essen, 23.05.2024

Es ist ein laut­star­ker Pro­test. Die IG Metall und die Betriebs­rä­te wer­fen dem Kon­zern­chef, Miguel López, Intrans­pa­renz bei der geplan­ten Betei­li­gung eines Inves­tors vor. López ver­hand­le im Gehei­men über einen Teil­ver­kauf der Stahl­spar­te und stel­le Arbeit­neh­mer vor voll­ende­te Tat­sa­chen – so der Vor­wurf. Unter dem Mot­to «Stop. So nicht, Herr Lopez» pro­tes­tier­ten am 23. Mai 2024 die Stahl­ar­bei­ter vor der Thys­sen­krupp- Kon­zern­zen­tra­le in Essen und for­der­ten ein gemein­sa­mes Vor­ge­hen auf Augen­hö­he. Den Pro­tes­ten tau­sen­der Mit­ar­bei­ter zum Trotz und gegen die Stim­men der Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter stimm­te der Auf­sichts­rat noch am glei­chen Tag für den Ein­stieg des neu­en Investors.

Aktuell

Zeit­ge­nös­si­sche Fotografie

Fotografie: Windkraftanlage am Kohlekraftwerk Datteln 4, Franz Bracht Kran, Recklinghausen 2024

Windkraftanlage am Kohlekraftwerk Datteln 4 im Objektiv | Das Ruhrgebiet im Wandel

Das Stein­koh­le­kraft­werk Dat­teln 4 lie­fert seit 2020 Strom. Sei­ne Inbe­trieb­nah­me war seit der Fer­tig­stel­lung im Jahr 2009 umstrit­ten. Grund waren bau­recht­li­che Unstim­mig­kei­ten, zudem stand es von Anfang an in der Kri­tik der Umwelt­schüt­zer. In sei­ner Nähe hat­te im April 2023 der Bau eines Wind­parks begon­nen. Aus die­sem Anlass ent­stan­den zwi­schen dem 31. Janu­ar und dem 08. Febru­ar 2024 Auf­nah­men vom Auf­bau der Anla­ge. Die Fotos zei­gen in der Rei­hen­fol­ge das Zusam­men­set­zen des Tur­mes, die Mon­ta­ge des Gene­ra­tors mit­samt Maschi­nen­haus, die Mon­ta­ge der Rotornar­be und der drei Rotor­blät­ter. Auf den Fotos ist neben dem Wind­rad ein 170 Meter hoher mobi­ler Git­ter­mast-Rau­pen­kran abge­bil­det, der auf­grund des star­ken Win­des zeit­wei­se zu Boden gebracht wer­den musste.

Inhalt­lich steht das zeit­ba­sier­te Werk ganz im Zei­chen sei­ner Zeit. Die The­ma­tik ist aktu­ell und über­re­gio­nal. Die Bil­der zei­gen den Vor­marsch der rege­ne­ra­ti­ven Ener­gie­ver­sor­gung im Hin­blick auf aus­lau­fen­de For­men der Strom­erzeu­gung. Die 16 Auf­nah­men bil­den eine strikt in sich geschlos­se­ne Serie. Das Bild­werk wird der Doku­men­tar­fo­to­gra­fie zuge­ord­net, dabei spie­len auch ästhe­ti­sche Kri­te­ri­en wie Bild­aus­schnitt, Licht­stim­mung und Anord­nung der Bil­der eine bedeu­ten­de Rol­le. Bewusst arbei­tet der Foto­graf mit dem Stil­mit­tel der Foto­chro­no­gra­fie. Nichts bleibt dem Zufall über­las­sen. Bedacht bestimmt er die gleich­blei­ben­de Per­spek­ti­ve im Vor­aus und wählt die Momen­te der Aus­lö­sun­gen nach sei­nem Ermes­sen. Die Doku­men­ta­ti­on zeigt Schritt für Schritt das Fort­schrei­ten der Mon­ta­ge. Trotz der Nähe zum Fil­mi­schen ist die Betrach­tungs­dau­er ent­schleu­nigt. So kann der Betrach­ter meh­re­re zeit­lich ver­setz­te Ereig­nis­se gleich­zei­tig erfas­sen und ein­zel­ne Bild­seg­men­te mit­ein­an­der ver­glei­chen. Das zeit­ge­nös­si­sche Werk kann auch als Land­schafts­stu­die oder als male­risch anmu­ten­de Betrach­tung der win­ter­li­chen Wirk­lich­keit begrif­fen werden.

Foto: Wind­kraft­an­la­ge am Koh­le­kraft­werk Dat­teln 4 | Dat­teln, 31.01.- 08.02.2024

Wei­ter­füh­ren­de Infor­ma­ti­on: Das Stein­koh­le­kraft­werk Dat­teln 4 lie­fert seit 2020 Strom. Sei­ne Inbe­trieb­nah­me ist seit dem Jahr 2009 umstrit­ten. In der Nähe hat im April 2023 der Bau eines Wind­parks begon­nen. Die jüngst in Betrieb genom­me­nen Dat­tel­ner Anla­gen vom Typ Nord­ex N149/5.X haben eine Gesamt­leis­tung von 11,4 Mega­watt und kön­nen rech­ne­risch rund 10.500 Haus­hal­te mit Elek­tri­zi­tät ver­sor­gen. Um ein moder­nes Koh­le­kraft­werk zu erset­zen braucht es hun­der­te die­ser Wind­kraft­an­la­gen. Die foto­chro­no­gra­fi­sche Serie aus 16 Auf­nah­men doku­men­tiert den Auf­bau des ers­ten von zwei Wind­rä­dern mit Hil­fe eines 170 Meter hohen mobi­len Schwer­last-Rau­pen­kran der Franz Bracht Kran-Ver­mie­tung aus Recklinghausen.